Grimlinghausen am Rhein (K. Kuhl)

Beim Stromkilometer 735 liegt der südliche Stadtteil von Neuss direkt an der großen Schiffahrtsstraße, zwischen Rheinaue und Mündungsgebiet der Erft. Seit 2000 Jahren - und mehr - macht dieser Ort von sich reden: gelegen zwischen römischen Militäranlagen am Reckberg und dem Legionslager an der Kölner Straße.

Zahlreiche Altertumsfunde wie Gräber, Krüge und Münzen, Überreste von Wohnanlagen, Kultstätten und militärischen Anlagen zeugen von einer bewegten Vergangenheit. Von hier aus kontrollierten römische Legionssoldaten das rechtsrheinische Ufer des Rheins und das feindliche Umland. Im Erftmündungsgebiet gab es eine Römerbrücke, die 1586 zerstört wurde.

Im Mittelalter findet Grimlinghausen seine erste Erwähnung in einer Urkunde des Kölner Erzbischofs aus dem Jahre 1173, Fischereirechte an Erft und Rhein werden 1195 erwähnt. Innerhalb von Grinbrechthenchusen, Grinbechusen, Grymmelkusen oder auch Grimlinkhaußen befindet sich die fränkische Siedlung Qinheim, die sogar in einer päpstlichen Urkunde 1147 erwähnt ist. Schutzpatron der Quinheimer Kirche ist schon damals der Heilige Cyriakus.

Die Nachfolge des durch eine Rheinbettverlagerung verschwundenen Qinheim übernimmt Grimlinghausen: hier besonders der Pfarrer. Der erste Pastor ist Heinrich von Holte, dessen Berichte aus den Jahren 1417 und 1420 überliefert sind. Seit dieser Zeit sind alle Pastoren von St. Cyriakus in einem Verzeichnis "Series Pastorum" aufgeführt.

1475 wird Grimlinghausen während der Belagerung von Neuss durch Karl den Kühnen aus Burgund zerstört. Erst 1479 wird eine neue Kirche in der Nähe des Reuterhofes errichtet. Im Truchsessischen Krieg wird das Dorf erneut überrannt und 1585 geplündert. Pfalzgraf Philipp Wilhelm - der Vater des legendären Jan Wellem - beginnt 1660 mit dem Bau eines fürstlichen Jagdhauses im Kirchspiel der heutigen Cyriakus-Kirche. Die Sommerresidenz des Fürsten wird später erweitert: ein Amtshaus wird gebaut, dessen linker Flügel heute noch existiert, und der Bergerhof.

Gelegen an zwei bedeutenden Handelsstraßen von Jülich zum Rhein und von Köln nach Kleve, profitiert Grimlinghausen von seiner vorzüglichen Lage im 17. und 18. Jahrhundert. Das Dorf hat sogar einen eigenen Hafen, sehr zum Verdruss der Neusser.

Im Jahre 1787 stiftet die Witwe Theresia von Kempis, die Besitzerin des Reuterhofes, eine Auszeichnung für tugendhafte Mädchen: das Tugendkrönchen, das Jahr für Jahr zur Kirchweih vergeben wird. Der ansehnliche Betrag von 100 Kronentalern wird dafür zur Verrentung hinterlegt. Eine liebenswerte Tradition, die bis heute erhalten blieb: Die Rosenkrone als Kirmeskrönchen und ein Geldbetrag für ein Mädchen aus Grimlinghausen, überreicht vom Pfarrer am Schützenfestsonntag, dem Kirchweihtag ehedem.

In der Zeit der Französischen Revolution ist Grimlinghausen 20 Jahre lang französisches Staatsgebiet, erobert von Napoleons Truppen. Die Kölner Dampfschiffahrts-Gesellschaft sorgt im 19. Jahrhundert zunächst für einen lebhaften Güterumschlag, da sie in Grimlinghausen einen Anlegeplatz und eine Agentur eröffnet. Daneben spielt die gewerbliche Fischerei auf dem Rhein eine wichtige Rolle im Alltag des Dorfes. Ebenso blühen ländlicher Gemüse- und Pflanzenanbau auf: die Bauern beliefern viele große und kleine Märkte am Niederrhein. Die Ziege als die "Kuh des kleinen Mannes", ist damals weit verbreitet unter den ärmeren Leuten.

Zum Charakter des Dorfes gehört auch das St. Josephs-Haus. 1883 errichtet, heute ein Altenheim mir Pflegestation.

Grimlinghausen ist stolz auf seine Vergangenheit; die Vereinigung "Freunde der Heimat" nimmt sich all der Traditionen des Dorfes an, seit 1855 feiert einmal im Jahr der Bürger- und Schützenverein sein großes Fest. Die Grimlinghauser freuen sich auf jedes Fest; sie schätzen die Gemeinschaft in ihrem Dorf, das schon vielen den begehrten Raum für eine Heimat gab...

 

Zeittafel


1173
 
Erste urkundliche Erwähnung der Siedlung Quinheim
1475
12. Mai
Zerstörung Grimlinghausens durch die Truppen Karl des Kühnen. Dieser fiel auch die erste Kirche zum Opfer.
1479
 
Bau einer neuen Kirche in der Nähe des heutigen Reuterhofes
1585
 
Plünderung Grimlinghausens im Rahmen des Truchsessischen Krieges
1586
 
Sprengung der Römerbrücke über die Erft durch Truppen des Herzogs von Parma
1618-1648
 
30-jähriger Krieg
1642
 
Belagerung und Plünderung Grimlinghausens durch die mit den Franzosen verbündeten Hessen
1660
 
Bau eines fürstlichen Jagdhauses durch Pfalzgraf Philipp Wilhelm am Platz der heutigen Cyriakus-Kirche
1787
 
Theresia von Kempis stiftet das "Tugendkrönchen" (später "Kirmeskrönchen")
1794-1814
 
Grimlinghausen liegt nach dem Sieg der napoleonischen Truppen auf französischem Staatsgebiet.
1814
 
Grimlinghausen gehört nun zum Königreich Preußen
1842
 
Herbstmanöver des preußischen VII. Armeekorps bei Grimlinghausen. König Wilhelm IV. von  Preußen besucht die Truppen, zu denen auch das Neusser Landwehrbataillon 39 gehört.
1855
31. Juli
Gründung des Bürgerschützenvereins
1855
9. bis 12. August
Erstes Schützenfest
1861
 
Einwohnerzahl liegt bei 1140
1861-1863
 
Bau der Cyriakus-Kirche
1866
 
Abriss der 1479 errichteten Kirche
1883
 
Errichtung des St. Joseph Hauses

1905
  Eröffnung des Dampffährbetriebs zwischen Grimlinghausen und Düsseldorf
1907
 
Gründung der Grimlinghausener Freiwilligen Feuerwehr
1914-1918
 
1. Weltkrieg
1918
4. Dezember
Belgische Truppen rücken in Neuss ein. Neuss und Umgebung liegen laut Waffenstillstandsbedingungen in der belgischen Besatzungszone.
1922
 
Einstellung des Dampffährbetriebs zwischen Grimlinghausen und Düsseldorf
1926
2. Januar
Das Hochwasser erreicht den höchsten Stand der Ortsgeschichte
1929
1. August
Durch das Gesetz der kommunalen Neuordnung gehört Grimlinghausen zur Stadt Neuss
 
Uedesheim gehört nun ebenfalls zur Stadt Neuss und nicht mehr zur Bürgermeisterei Grimlinghausen
1936
 
Gründung des Sportclubs Grimlinghausen
1939-1945
 
2. Weltkrieg
1945
2. März
Amerikanische Truppen rücken in Neuss ein
1945
27. April
Die Engländer übernehmen die Militärverwaltung am Niederrhein. Später wird die englische Besatzungszone gebildet.
1947
8. November
Gründung der "Vereinigung Freunde der Heimat"
1949
 
Erster Dorfabend
1950
 
Einwohnerzahl liegt bei 2544
1954-1955
 
Wiederaufbau der Cyriakus-Kirche und Umbau zur Hallenkirche
1961
 
Einwohnerzahl liegt bei 3262
1995
13. August
Einweihung des Cyriakusbrunnen
1996-1997
 
Renovierung der Cyriakus-Kirche

2003
 
Einwohnerzahl liegt bei 8211